Silverudds Blå – ein Überblick
Seit ich vor vielleicht anderthalb Jahren damit angefangen habe, mich mit Silverudds Blauen zu beschäftigen, habe ich festgestellt, dass die Informationen zur Rasse nur sehr beschränkt sind. Der folgende Artikel, der im Original in der Mitgliederzeitung der Svenska Kulturhönsföreningen erschienen ist, erklärt vielleicht teilweise warum und ändert gleichzeitig auch ein bisschen was daran.
Ein paar Gedanken vorab
Ich habe versucht, den Artikel möglichst wortgetreu zu übersetzen und persönliche Anmerkungen oder Ergänzungen auf das Mindestmaß zu beschränken. Trotzdem handelt es sich um einen Text für Menschen, die sich bereits mit der Arbeit Martin Silverudds beschäftigt haben. Ein kleines bisschen Hintergrund dazu findet ihr in einem früheren Blogartikel, hier. Ich bitte alle interessierten Leser*innen darum mir bei der Vervollständigung zu helfen: alle möglicherweise auftretenden Fragen (beispielsweise zur Vererbung der grünen Eierschalenfarbe, zu rezessiven Farben oder der Biografie Silverudds hier als Kommentar unter dem Post zu schreiben, so dass ich sie nach und nach aufarbeiten kann.
von Andreas Marmolin und Ingemar Dreborg („Kulturhönsbladet 2/2019), Übersetzung aus dem Schwedischen, mit freundlicher Genehmigung, Ingmar Jaschok, Hofhuhn.de (Veröffentlichung, auch teilweise, nur mit Quellenangabe).
Wir haben schon lange drüber nachgedacht, einen größeren Artikel über Silverudds Blaue zu schreiben. Es gibt viel zu erklären. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass wir als Vereinigung mit verschiedenen Linien arbeiten. Wir werden hier versuchen etwas über die Ursprünge zu schreiben, die dazu geführt haben wie wir das Stammbuch heute führen. Es werden aber auch ein paar Gedanken zur Zucht einfließen.
Die Rasse Silverudds Blaue hatte im Laufe der Zeit verschiedene Namen. Als Martin Silverudd verstarb, war die Erzüchtung noch nicht abgeschlossen. Das wissen wir. Eine wichtige Quelle sind die Aufzeichnungen, die du vielleicht früher schon mal gesehen hast, wenn du schon länger Mitglied der Kulturhönsföreningen bist. Dort zeichnete er die Erzüchtung seiner Rassen mit der Jahreszahl der Vollendung und ihrem genetischen Code auf. 1986, im selben Jahr als Silverudd verstarb, vermerkte er, dass die Rasse Isbar so weit sei (bitte keine Verwirrung mit „Schwedischen Isbar“, wie unsere Silverudds Blaue fälschlicherweise gerne genannt werden). Von der Rasse, die er in den Jahren zuvor als SGRÖ („Svensk Grönäggsvärpare“, Schwedische Grünleger) angeboten hatte, gibt es keine Aufzeichnungen in seinen Notizen. Über seine Arbeitsweise wissen wir, dass die Rassen im Laufe der Erzüchtung mehrfach umbenannt wurden. „Rixon“ wurde im Jahre der Königshochzeit „Queen Silvia“. Der Vorschlag, die Hühner der Rasse, die in den Jahren zuvor in Schweden unter dem Namen Isbar Blå gehandelt wurden, in Silverudds Blå umzubenennen, um die Verwechslung mit den Isbar ein für alle mal zu beenden, kam von Bengt Mattson auf der ersten Stammbuchkonferenz vor vier Jahren, was von den Teilnehmern als geniale Idee gesehen wurde. Der Rest ist Geschichte.
Außerhalb des inneren Kernes der Kulturhönsföreningen gibt es viele, die Silverudds Blaue (SB) nicht gerne bei ihrem neuen Namen nennen. Das wichtigste ist, dass wir, die wir die Verantwortung für die Zukunftssicherung der Rasse übernehmen, sicher sind, unter welcher Bezeichnung wir mit ihr weiterarbeiten werden. Ob jemand drauf besteht, sie Isbar statt Silverudds Blå zu nennen ist weniger wichtig.
Heimliche Farbenfreude
Es gibt drei Farben, die auf rezessiven Genen verankert sind. Das ist rezessivweiß, porzellanfarben und wildfarben. Tauchen Tiere mit diesen Farben in einem Bestand auf, sollte nicht mit ihnen in der Zucht weitergearbeitet werden. Weiß man, welcher Hahn der Vater solcher Tiere ist, sollte auch dieser aus der Zuchtarbeit genommen werden. Das geschieht um eine weitere Verbreitung der fehlfarbenen Erbanlagen zu unterbinden. Wenn man mehr Platz (und Zeit) hat, kann man testweise eine der fehlfarbenen Hennen behalten und sie mit anderen Zuchthähnen auf dessen rezessive Erbanlagen zu testen. Wenn aus der Verpaarung, von mindestens fünf erbrüteten Küken, eines die Fehlfarbe der Mutter aufweist, hat auch der getestete Hahn die unerwünschten rezessiven Erbanlagen und sollte aus der Zuchtarbeit genommen werden.
Dasselbe gilt für den Fall, dass eine Henne ein braunes Ei legt. Weiß man, welche Elterntiere zur braun legenden Henne gehören, sollten auch diese aus der Zuchtarbeit genommen werden (braun verhält sich in der Vererbung gegenüber grün rezessiv, legt also eine Henne aus einem grünen Ei selbst braun, so müssen beide Elterntiere heterozygot (=mischerbig) vererbende Braunleger sein). Nur auf diese strikte Art und Weise kann man vom immer wieder auftretenden Problem braun legender SB weg kommen. Zumindest bis die Vereinigung ein Institut gefunden hat, das einen DNA-Test auf das O-Gen, das die dominante Anlage für grüne Eierschale trägt, die die SB also zu Grünlegern macht, anbietet. Bis ein solches Institut gefunden ist, ist es eine gute Möglichkeit, Zuchthähne testweise mit braun oder weiß legenden Hennen anderer Rassen zu verpaaren. Nach Begutachtung der Eierschalenfarbe von mindestens fünf erbrüteten Töchtern der Verpaarung kann man mit recht hoher statistischer Wahrscheinlichkeit feststellen, ob der Vater eventuell eine rezessive Anlage für braune Eierschalenfarbe trägt und damit ungeeignet für die Weiterzucht wäre.
Über die Zeit haben wir mit dem Stammbuch mehrere SB-Linien von Züchter*innen gefunden, die die Rasse während der Zeit zwischen Silverudds Tod und dem Einrichten des Stammbuches bewahrt haben. Außerhalb des Stammbuches gibt es verschiedene Züchter die von ihrer Linie behaupten die einzig reinrassige zu sein. Wir versuchen grob den Hintergrund darzustellen, den wir zu den verschiedenen Linien recherchieren konnten, die wir als reinrassig ansehen. Das Gen für rezessivweiß, wildfarben und porzellanfarben könnte durch Einkreuzung in die Rasse gekommen sein. Gut vorstellbar ist aber auch, dass sie ihren Ursprung in der Rasse Silverudds Safir haben, die M.Silverudd aus Cream Legbar und weißen Leghorn erzüchtet hat. Rezessive Gene haben die Eigenschaft, dass sie lange da sein können ohne sich zu zeigen.
Folgend ein kurzer Gang durch die verschiedenen Linien und ihre Ursprünge:
Johan Widings
Diese stammt zum größten Teil von Börje Küller bei Norrtälje. Börje arbeitete zu dessen Lebzeiten mit Martin Silverudds zusammen und verbreitete einige der Silverudds-Rassen. Börje hatte einigen Einfluss auf viele verschiedene Rassen. Vermutlich hat Johan auch von Anita Sundblad und Bengt Mattson Tiere geholt. Diese Linien sind im Stammbuch nicht besonders verbreitet. Wir wissen, dass in diesen Linien auch reinweiße Tiere entstehen können. Widing hat Tiere an Lina Laurin und Sonnarps verkauft. Diese sind wahrscheinlich eng mit Bengt Mattsons verwandt. Mattson hat seit seiner Zusammenarbeit mit Silverudd in den Achzigern verschiedene von Martins Rassen gehalten. Er fand einen SB-Bestand in Värmland von wo er Zuchtmaterial mitnahm, das den Grundstock für seine und Anita Sundblads Zucht bildete. Bengt kaufte später Tiere aus anderen Beständen. Unter anderem von Börje Küller. Die vermländische Zucht, aus der Bengt seine Tiere bekam, zeichnete sich dadurch aus, dass die Hähne viel Gold und Silber im Kragen und Sattel trugen und grüne Eier legten.
Anita Sundblads
Anita hat im Laufe der Jahre viel mit Bengt Sundblad zusammengearbeitet und den größten Teil ihrer Tiere von ihm bekommen. Sie hat mehrmals Hähne von Widing bekommen, mit denen sie aber sehr unzufrieden war, weswegen in ihrer Zucht wahrscheinlich wenig von diesen Zukäufen übrig ist.
Bosses alte Linie
Bo Karlsson kaufte vor vielen Jahren SB von einem alten Züchter – Rune Carlsson – der seine Tiere von Bengt Mattsson gekauft hatte. Unter den Tieren gab es sowohl porzellanfarbige als auch weiße. Sein Bestand zeichnete sich durch besonders hohe Legeleistung aus. Inzwischen hat Bosse sehr stark selektiert und einen Hahn von Anita Sundblad mit hineingenommen. Du hast aus dieser Linie sicherlich auf der Website der Kulturhönsföreningen den stattlichen blauen Hahn gesehen, der auch in vielen Facebookeinträgen genutzt wurde.
Västerbottenslinie
Vor ein paar Jahren hatten wir Kontakt mit einer Frau aus Västerbotten. Sie hatte ihre Tiere von einer Frau aus der Gegend bekommen, die ihre Tiere seit den frühen Neunzigern isoliert gehalten hatte. Es zeigte sich, dass diese Tiere von Bengt Mattson gekauft wurden. Nach einigen Nachforschungen kamen wir mit Bengt zusammen zu dem Schluss, dass die Tiere höchstwahrscheinlich von Bengts ersten SB abstammten. Besonders interessant war, dass wir Hinweise darauf bekamen, dass in dieser Linie zu keinem Zeitpunkt Tiere mit nichtgrüner Eierfarbe aufgetaucht sind. Generation um Generation. Das deutet darauf hin, dass die Västerbottenlinie homozygot für die grüne Eierschalenfarbe ist, eine besonders wertvolle Linie also. In der Kulturhönsföreningen ist die Västerbottenlinie unterrepräsentiert. Dass sie für die Zucht einen besonderen Wert hat ist wahrscheinlich selbstverständlich. Falls Du Tiere aus dieser Linie hast, kontaktiere bitte Andreas, wir sind sehr daran interessiert die Linie zu vermehren.
Pernilla-Linie
Diese Linie konnte auf eine Pernilla in Hjortkvarn zurückverfolgt werden und die Recherche zeigte, dass ihre Tiere über einen Zwischenhändler direkt von Silverudd kamen. Reste der Genetik ihrer Linie vermutete man zunächst nur teilweise eingekreuzt in einem anderen Bestand. Zufällig wurde allerdings ein weiterer, isolierter, Bestand entdeckt, bei dem allerdings der Hahn kurz zuvor gestorben war; drei Hennen gab es noch. Diese drei Hennen wurden mit einem Sohn einer dieser Hennen verpaart und die Linie so zumindest in Teilen gerettet. In dieser Linie kann man gehäuftes Auftreten rezessiven Weißes erkennen.
Christer Anderssons
Christer Andersson kaufte seine Tiere etwa 2005 von einer älteren Dame in den Wäldern vor Vetlanda. Ihren Angaben zufolge hatte sie die Tiere seit den Achzigern. Leider fehlen weitere Angaben zur Rückverfolgbarkeit, aber das Gremium hat mit Blick auf die Nähe zu Silverudds Wirkungsraum entschieden, die Linie anzuerkennen. In dieser Linie sind nie Braunleger vorgekommen.
Pastor-Linie
Åsa Larsson hat ihre Hühner von ihrem Großvater bekommen, welche dieser vor langer Zeit von einem Pastor in Småland gekauft hat. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Pastor Martin Silverudd gewesen ist, ist recht groß. Die Tiere sind, sowohl was die Eier als auch was die Färbung der Tiere angeht, teilweise fehlerbehaftet. Es gibt aber einen Bestand, der sie nach wie vor rein hält, in andere Bestände wurden sie teilweise eingepaart. Bis die Auslese der fehlfarbig vererbenden Tiere abgeschlossen ist, werden aus diesen Beständen keine Tiere verkauft.
Meine Linien: in Zusammenarbeit mit Andreas, der diesen Artikel gemeinsam mit Ingemar Dreborg, dem Vorsitzenden der Svenska Kulturhönsföreningen und Hauptverantwortlichen für die Mitgliederzeitschrift verfasst hat und bei der SKF für die Koordination der SB-Zucht verantwortlich ist, habe ich in den letzten anderthalb Jahren Bruteier aus bislang zehn Beständen mit Genetik aller sieben anerkannten Linien importiert. Seit kurzem ist meine Zucht der erste Besatz außerhalb Schwedens, der als Teil der Kulturhönsföreningen anerkannt ist. Zuchttiere oder Bruteier gebe ich aktuell nicht ab. Was ich habe, brauche ich für die eigene Zucht und die Abgabe zweitklassiger Tiere zur Weiterzucht andernorts ist nicht im Sinne der Rasse. Um u.a. auch meine Zuchtarbeit zu fördern, könnt ihr hier ein Crowdfunding für mein Hofhuhn-Projekt unterstützen. Je mehr Menschen teilnehmen, desto schneller und besser bin ich in der Lage auch Zuchtmaterial anzubieten.
Pia Mann
Juni 19, 2019 @ 10:12 am
Hallo Ingmar, danke für deinen wunderschönen Blog.
Deine Silverudds Bla sind wirklich hübsche Tiere, sehr schade dass du keine Eier/Hennen abgibst. Zur Zeit gibt auch Nina kein Zuchtmaterial ab, und ansonsten habe ich bis jetzt niemanden gefunden, wo ich denke wirklich SB zu bekommen.
Denkst du das wäre nächstes Jahr drin? Dann verschiebe ich meine Hühnerhaltung solang 🙂
Liebe Grüße
Pia
Ingmar
Juni 19, 2019 @ 10:48 am
Hallo Pia,
danke für Deinen Kommentar!
Ja, die Silverudds sind tolle Hühner. Die Tiere die ich aktuell abgeben könnte sind in meiner Legeherde besser aufgehoben, wenn wir als Silveruddsfreunde in der Zucht keinen schlechten Start haben möchten. Hoffentlich kann ich nächstes Jahr mehr anbieten. Durch meine breite Aufstellung was Linien angeht wäre ich sogar in der Lage Bruteier oder Jungtiere für blutsfremde Zuchtstämme zu liefern. Aktuell heißt es für mich aber erstmal, aus den vorhandenen Tieren die besten auszuwählen und den Bestand auf das richtige Level zu bringen um dann Zuchttiere abgeben zu können..
LG
Ingmar