Alles was man über die Hühnerzucht wissen muss
Ich habe gestern einen Instagram-Beitrag gepostet, in dem ich den Fingertest als wichtige Fertigkeit für einen jeden Hühnerzüchter genannt habe. Dem ist auch so. Auch wenn es auf dem Foto vielleicht so scheint: man muss dabei niemandem den Finger in die Kloake schieben, es passiert alles durch äußerliches Abtasten.
Viel Interesse aus der Community
Auf das Bild hin kamen ein paar Fragen, was es mit dem Test auf sich hat, wie man ihn lernen kann und was es sonst noch an „Handwerkszeug“ für die Zuchttierauswahl braucht.
Ich kann die Frage verstehen. Theorie ist trocken und, wer sich mit Hühnern auseinandersetzt, beschäftigt sich lieber damit, welche Rassen in Frage kommen und welche Eierfarbe sie haben. Vielleicht auch noch wie viele Eier sie legen und welche Farbschläge es gibt. Danach geht es meistens eher auf die Tiersuche oder an den Stallbau, als an Zuchttheorie.
Ich habe das Thema selbst lange etwas umschifft. Als ich mich dann in die Thematik einlesen wollte, musste ich feststellen, dass es kein Theoretisches Material zur Hühnerzucht auf Leistungsmerkmale gibt. Für die Ausstellungszucht auf Farbmerkmale gibt es jede Menge; dafür, wie ich auf Tiere selektiere die eine gute Legeleistung zeigen und/oder auch toll Fleisch ansetzen gibt es nichts. Zumindest nicht in den letzten Jahrzehnten. Ich habe meinen Bruder in die Unibibliothek der CAU in Kiel gejagt und selbst im geschlossenen Archiv gab es kein Material.
Erfolgreiche Suche
Nach langer Suche habe ich ein dreiteiliges Handbuch des Livestock Conservancy entdeckt, das mir sämtliche Fragen beantwortet hat. Ich habe mit der Vereinigung Kontakt aufgenommen und die Erlaubnis erhalten, es auf deutsch zu übersetzen und zu veröffentlichen. Allerdings habe ich noch keine Reinschrift anfertigen können und weiß auch nicht wann ich es schaffe. Wer also des Englischen mächtig ist, kann aus den hier verlinkten Dateien alle nötigen Infos ziehen.
Teil 1: Selektion auf Fleischeigenschaften
Teil 2: Selektion auf Legeeigenschaften
Teil 3: Aufbau und Führung eines gesunden Zuchtbestandes
Auch hier kann ich nur empfehlen, dem vielleicht scheinbar trockensten Teil die größte Aufmerksamkeit zu widmen; Teil 3. Dort wird für die ersten fünf Jahre vorgestellt, ab wann welche Faktoren bei der Zuchttierauswahl berücksichtigt werden sollten und wann halt eben auch noch nicht. Im Grunde ist es die komplette Anleitung für ein eigenes Hofhuhn-Projekt. Diese Texte sollte jeder gelesen haben, bevor sich für eine Rasse entschieden wird. Hat man sie verinnerlicht, ist man im Grunde gewappnet, ein solches Projekt mit jeder zur Verfügung stehenden Rasse anzugehen: kaum einer der Vertreter der Rasse hat die Eigenschaften, die ihnen auf Papier zugeschrieben werden. Allesamt tragen sie aber das Potenzial dafür in sich. Diese Texte helfen dabei, sie herauszuarbeiten.
In den Texten ist ebenfalls der Fingertest beschrieben. Wer diesen aber einmal vorgeführt sehen möchte, dem empfehle ich dieses Video. Am etwa Minute 4:45 wird der Fingertest für „Egg laying Capacity“ vorgeführt:
Wer ein gutes Tool für die Bestandsbonitierung sucht, dem empfehle ich einen alten Beitrag von mir zum Thema Legehennenmanagement.
Die Übersetzung der englischen Texte ist noch auf der Warteliste. Sie sind sehr komplex, ich kann gut verstehen, wenn es sehr mühsam ist, mit ihnen zu arbeiten. Ich bilde mir ein, Englisch gut zu verstehen, trotzdem war es für mich noch einmal eine ganz andere Geschichte, als ich eine erste Rohfassung in Deutsch fertig hatte. Diese kann ich leider nicht zugänglich machen, weil der Deal mit dem Livestock Conservancy ist, dass ich ihnen die Reinschrift zum Gegenlesen schicke, bevor ich sie veröffentliche. Diese habe ich noch nicht fertig, deswegen heißt es jetzt erstmal Englisch üben..